Taký je život - Sabine in der Slowakei

Von November 2019 an habe ich ein Jahr im Europäischen Solidaritätskorps verbracht. In einer Kleinstadt im Norden der Slowakei habe ich in einem Jugendclub einen Freiwilligendienst absolviert. Zusammen mit zwei anderen Freiwilligen, einem Franzosen und einem Slowaken, beide Mitte zwanzig und auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt, habe ich dort Programm für Kinder und Jugendliche vorbereitet, Englisch-Kommunikationstraining an Schulen und im Club gegeben, geputzt, mit den Kindern gespielt, gebastelt und Aktivitäten durchgeführt. 

 

Das Projekt bestand aus festen wöchentlichen Programmpunkten und Aufgaben; zusätzlich gab es viele kleine und große Projekte, die auch nach unseren eigenen Wünschen gestaltet werden konnten: das Renovieren und Streichen von Räumen, Reparaturen, Öffentlichkeitsarbeit, Sportangebote, Vorbereitung und Durchführung von Ferienfreizeiten und Bildungsangeboten etc. 

Nachdem wir aufgrund der Corona-Pandemie viele Wochen zu Hause bleiben mussten, haben wir trotzdem einiges zu tun gehabt: so haben wir etwa Online-Aktivitäten durchgeführt, im Club aufgeräumt und Sport- und Bastelmaterial sortiert sowie einen „Online-Escape-Room“ erstellt, der Schülerinnen und Schüler für das Thema Fake News sensibilisieren soll. 

 

Ein ganzes Jahr Freiwilligendienst ist intensiv, voller neuer Eindrücke und Erfahrungen. 

Ich habe Slowakisch gelernt, an meiner Tischkicker-Spieltechnik gearbeitet, Rezepte ausprobiert, war im Hochgebirge wandern und habe Skifahren gelernt, bin mit dem Fahrrad quer durchs Land gefahren und habe viele Menschen getroffen. 

 

In einer solch langen Zeit erlebt man natürlich nicht nur die Höhepunkte, sondern auch Alltag, Langeweile, Durststrecken, Frustration und Enttäuschungen. Aber „taký je život“, wie man in der Slowakei sagen würde. Man hat die Gelegenheit, einer anderen Kultur und den Menschen sehr nah zu kommen, bleibt aber trotzdem manchmal ein bisschen außen vor. Gerade in der Kleinstadt war es auch schwierig, Gleichaltrige zu finden und Menschen, mit denen man auf Englisch kommunizieren kann. Im Alltag kommt man zwar auch ganz gut klar, ohne die Landessprache zu sprechen, Sprachbarrieren lassen sich mit Händen und Füßen lösen. Es nervt aber trotzdem, vor allem beim Arbeiten, wenn man nicht weiß, was eigentlich los ist, wenn Missverständnisse entstehen, die vermeidbar gewesen wären oder wenn Gespräche nach dem anfänglichen Smalltalk im Sand verlaufen, weil die Worte fehlen. Man sollte die Sprache des Gastlandes also so schnell wie möglich lernen; es macht auch ein kleines bisschen stolz, wenn man zum ersten Mal komplett auf Slowakisch Lebensmittel oder ein Zugticket kauft, wenn man dann langsam anfängt zu verstehen, was um einen herum gesprochen wird und sich schließlich mit Fremden unterhalten kann. 

Davon unabhängig habe ich die Erfahrung gemacht, dass es extrem wichtig ist, viel miteinander zu kommunizieren, Erwartungen und Vorstellungen abzugleichen, nichts als selbstverständlich anzunehmen und auch klar zu sagen, wenn man etwas nicht versteht oder eine andere Meinung hat. 

Sich vorher bewusstzumachen, was die eigenen Beweggründe für den Freiwilligendienst sind, hilft nicht nur bei der Auswahl des Projekts sondern auch bei der Durchführung. 

 

Der Freiwilligendienst ist eine ideale Gelegenheit, um Freundschaften zu schließen, Grenzen neu zu definieren, um sich zu verlieren und neu zu (er)finden, sich auszuprobieren und weiterzuentwickeln, um Zeit zum Nachdenken zu haben, um Abenteuer zu erleben und nicht zuletzt um etwas Sinnvolles zu tun. 

  

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